KVNO aktuell Letzte Änderung: 14.05.2024 14:14 Uhr Lesezeit: 2 Minuten

KVNO aktuell 05 | 2024 - Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

geht es nach der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, so braucht es künftig in der ambulanten Versorgung keine Fachärztinnen und Fachärzte mehr.

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© KV Nordrhein | Lothar Wels
Dr. med. Carsten König (l.) und Dr. med. Frank Bergmann

Die jährlich rund 320 Millionen Behandlungsfälle können dann ja in den zahlenmäßig reduzierten Krankenhäusern und Level Ii-Einrichtungen von sogenannten Hybrid-Ärzten bearbeitet werden. Die Kommissionsmitglieder – überwiegend aus dem stationären Bereich rekrutiert – sind sich auch nicht zu schade, in ihrer neuesten Stellungnahme die alte Mär von der „doppelten Facharztschiene“ aus der Mottenkiste zu holen. Die Regierungskommission sitzt allerdings einem folgenschweren Irrtum auf, wenn sie glaubt, dass die fachärztliche Versorgung künftig in erster Linie stationär oder in neuen hybriden Strukturen stattfinden könne. Weder organisatorisch noch medizinisch sind die Kliniken in der Lage, die Arbeit der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen allein zu schultern.

Auch der Bundesgesundheitsminister selbst sieht die fachärztliche Versorgung perspektivisch allein im Krankenhaus. Sollte er dabei bleiben, sind die Konsequenzen schon jetzt absehbar: Längere Wartezeiten und eine Einschränkung des Leistungsversprechens wären die Folgen – und das wohlgemerkt aus rein ideologischen Gründen. Das können wir nicht wollen, und wir dürfen auch nicht riskieren, dass bewährte Strukturen aufs Spiel gesetzt und der Gesundheits- und Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt werden. Die Delegierten der KBV-Vertreterversammlung haben sich in ihrer jüngsten Sitzung im Vorfeld des 128. Deutschen Ärztetages zu einer starken ambulanten grundversorgenden und spezialfachärztlichen Versorgung bekannt. Als KVNO hatten wir einen entsprechenden Antrag eingebracht, dem sich die KBV-VV einstimmig angeschlossen hat.

Was dagegen dringend nötig ist, ist eine bessere Steuerung der Patientinnen und Patienten im Gesundheitssystem, um Reibungsverluste zu minimieren. Wir sehen uns hier durch das aktuelle Gutachten des Sachverständigenrates Gesundheit & Pflege bestätigt. Statt einer Konzentration der fachärztlichen Behandlungskapazitäten an Krankenhäusern brauchen wir eine gestufte Versorgung, die sich an medizinischen Kriterien orientiert und sicherstellt, dass Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Versorgungsebene behandelt werden. Auch beim Gesundheitskongress des Westens am 17. und 18. April im Kölner Gürzenich stand das Thema Patientensteuerung in vielen Vorträgen im Mittelpunkt. Es geht um nicht weniger als die Zukunftsfrage, wie die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung einer älter werdenden Bevölkerung bei gleichzeitig wachsendem Personalmangel in Praxen, Kliniken und in der Pflege dauerhaft aufrechterhalten werden kann. Ideen dafür liegen auf dem Tisch. Sie reichen von stärker kooperativ ausgerichteten Modellen wie der Teampraxis mit Delegation bestimmter ärztlicher und administrativer Leistungen bis zur besseren Nutzung der Digitalisierung – insbesondere in der ambulanten Akut- und Notfallversorgung über die 116 117 und die Vernetzung mit Rettungsleitstellen.

Um alle Möglichkeiten voll auszuschöpfen, sind bessere Rahmenbedingungen notwendig. Darauf macht auch eine gemeinsame Informationskampagne von KBV und Länder-KVen derzeit bundesweit aufmerksam. Unter dem Motto „Wir sind für Sie nah“ wird im Fernsehen und im öffentlichen Raum sichtbar, wie die Situation der Praxen aktuell ist und was auf dem Spiel steht, wenn sich nichts ändert. Wir freuen uns, wenn Sie die Kampagne durch Aushänge und Patienteninformationen in Ihrer Praxis unterstützen.

Dr. med. Frank Bergmann
Vorstandsvorsitzender

Dr. med. Carsten König, M. san.
Stellvertretender Vorsitzender