KVNO aktuell Letzte Änderung: 13.05.2024 11:42 Uhr Lesezeit: 5 Minuten

Gesundheitskongress des Westens: Gemeinsam gegen den Ressourcenmangel

Knapper werdende Ressourcen setzen die medizinische Versorgung zusehends unter Druck.

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© KV Nordrhein
Es geht nur zusammen: Für KVNO-Chef Dr. med. Frank Bergmann ist die intersektorale Kooperation unter Einbindung sinnvoller Digitalisierung der Schlüssel für die Patientenversorgung von morgen.

Wie eine gute Patientenversorgung künftig dennoch gelingen kann, war ein zentrales Thema des 18. Gesundheitskongresses des Westens, der am 17. und 18. April im Kölner Gürzenich stattgefunden hat. Gemäß dem diesjährigen Motto „Bereit zur Veränderung – nutzen wir die Chance!“ diskutierten Expertinnen und Experten aus Gesundheitswesen und -wirtschaft über Strategien und Konzepte für eine zukunftsfeste Versorgung.

Fachkräftemangel, demografischer Wandel und abnehmende Arztzeit – die medizinische Versorgung in Deutschland sieht herausfordernden Zeiten entgegen. Es braucht ein Umdenken, forderte Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), zum Auftakt des diesjährigen Gesundheitskongresses des Westens. „Je weniger Ressourcen uns zur Verfügung stehen, desto umsichtiger und effizienter müssen wir mit ihnen haushalten. Die enge Zusammenarbeit mit anderen Heilberufen ist ein wichtiger Hebel, wenn wir die Praxen entlasten und den wachsenden Anforderungen an die Versorgung gerecht werden wollen. Um hier alle Möglichkeiten voll auszuschöpfen – nicht zuletzt bei der Digitalisierung –, brauchen wir bessere Rahmenbedingungen“, skizzierte der KVNO-Chef die aktuelle Gemengelage in der ambulanten Versorgung.

Die enge Zusammenarbeit mit an­deren Heilberufen ist ein wichtiger Hebel, wenn wir die Pra­xen entlasten und den wachsenden Anforderungen an die Versorgung gerecht werden wollen. Um hier alle Möglichkei­ten voll auszuschöpfen – nicht zuletzt bei der Digitalisierung – brauchen wir bessere Rahmenbedingungen.

 

Dr. med. Frank Bergmann, KVNO-Vorstandsvorsitzender

Sinnvoller Einsatz von Ressourcen

Welche Potenziale durch mehr und effizientere Zusammenarbeit abgerufen werden können, zeige sich vor allem im ärztlichen Bereitschaftsdienst, so Bergmann. „Die Steuerung der Versorgungspfade – insbesondere für die ambulante Akut- und Notfallversorgung – sollte über die Leitstelle der Patienten-Hotline 116 117 gestaltet werden. Nur durch einen zentralen Kontaktpunkt kann eine systemschonende, kosteneffiziente und dem Patientenbedarf gerechte Zuweisung erfolgen“, sagte Bergmann im Panel zur digitalen Ausgestaltung der Kooperation zwischen Rettungsleitstellen und ärztlichem Bereitschaftsdienst. Der direkte Weg in den passenden Versorgungspfad verbessere nicht nur die Patientensicherheit, sondern könne auch Informationsabbrüche, Wartezeiten und weitere Reibungsverluste vermeiden.

In Nordrhein habe man sich bereits auf den Weg gemacht: Neben dem Pilotprojekt mit dem Rettungsdienst der Stadt Köln, bei dem eine „warme Übergabe“ zwischen 116 117 und 112 bereits seit 2020 erfolgreich erprobt wird, arbeite man derzeit an einer virtuellen Verknüpfung der Leitstellen in Aachen und Bonn. „Mit diesem Schritt stärken wir die Steuerungsfunktion der 116 117 in weiteren Großstädten unseres Landesteils“, so Bergmann nachdrücklich. „Im Sinne einer gezielten Steuerung wird nach einer strukturierten Ersteinschätzung das passende Behandlungsangebot ermittelt. Die jetzigen Systembrüche, die unter anderem auch wegen nicht erfolgendem Datenaustausch sehr zeitintensiv sind und zulasten des Erkrankten gehen, sollen damit der Vergangenheit angehören. KV und Kommune rücken noch enger zusammen – alles für eine bessere und auch ressourcenschonende Versorgung.“

Alle Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen

Große Entlastung in der Regelversorgung verspricht sich Bergmann durch den breiten Einsatz von Telemedizin. In der Diskussionsrunde zu neuen Standards in der modernen ambulanten Versorgung erklärte er: „Wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, die uns die Digitalisierung bietet. Das betrifft zum einen Erleichterungen bei Routineaufgaben durch das vermehrte Angebot telemedizinischer Leistungen, zum anderen aber auch die breite Verfügbarkeit von medizinischem Fachwissen und Informationen in der Fläche. Wenn wir die Praxen entlasten und zukunftsfest machen wollen, müssen wir sie digital dazu befähigen – durch Austausch, Vernetzung und den Ausbau der Telemedizin. Auf diesem Weg schaffen wir neue Räume für Behandlungskapazitäten, die zuvor anderweitig, oftmals durch administrative Tätigkeiten, gebunden waren. Das kommt nicht zuletzt den Patienten zugute und gesteht ihnen zugleich auch mehr Eigenverantwortung und Möglichkeit zur Partizipation zu. Denn auch sie werden künftig mehr gefragt sein, sei es beim Thema Prävention oder auch dem Einsatz von digitalen Gesundheitsanwendungen. Die Mobilisierung des Patienten bietet großes Potenzial, das wir nutzen müssen.“ Die digitale Transformation biete somit immense Chancen für alle Seiten, so das Fazit des KVNO-Chefs. Wermutstropfen ist und bleibe demgegenüber die Technik, die noch immer nicht reibungsfrei funktioniere.

Ärzte- und Apothekerschaft arbeiten traditionell gut zusammen, wie der KVNO-Vorstandsvorsitzende im Panel „Vom Impfen bis zum Dispensierrecht“ hervorhob. Komplexe medizinische Beratung, zum Beispiel bei Menschen mit onkologischen Erkrankungen, gehörten hingegen in die fachkundige Hand einer Ärztin oder eines Arztes. „Für die Patientensicherheit arbeiten Ärzte- und Apothekerschaft eingespielt Hand in Hand – daran hat sich heute nichts geändert“, konstatierte Bergmann.

Der Gesetzgeber sollte sich darauf fokussieren, Praxen und Apothekern vernünftige Rahmenbedingungen für ihre Berufsausübung zu geben. Versäumnisse der Politik – besonders eklatant zuletzt bei Lieferengpässen wichtiger Arzneimittel – sollten nicht in den Apotheken und den Praxen gelöst werden müssen. „Hier ist der Gesetzgeber gefragt, Abhilfe zu schaffen – auch bei der Digitalisierung, etwa beim E-Rezept und künftig bei der ePA, braucht es funktionierende Technik, damit Ärzte und Apotheker bei ihren Kernaufgaben unterstützt werden“, appellierte der KVNO-Chef in Richtung Bundespolitik.

  • Thomas Petersdorff